Zensuren für Lehrer? 12.11.2009
Am 23. Juni 2009 entschied der VI. Zivilsenat des Bundesgerichthofes, eines der höchsten Gerichte Deutschlands, dass die Lehrerbewertung auf dem Portal „Spickmich“ nicht gegen Gesetze zum Datenschutz verstößt. Dies ist Anlass genug, sich einmal mit den guten und schlechten Seiten der Zensierung von Lehrern zu befassen. Sollte es Schülern möglich sein, ihre Lehrer zu zensieren?
Ein zentraler Punkt aus Schülersicht ist bei der Benotung die Meinungsfreiheit des Schülers. Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes besagt, dass jeder seine Meinung frei äußern darf. Im Absatz 2 desselben Artikels findet sich jedoch die Einschränkung, dass diese ihre Ende bei Verletzung der persönlichen Ehre findet. Genau diesen Punkt kann man bei schlechter Benotung eines Lehrers im öffentlichen Raum, wie z.B. auf Webseiten wie Spickmich, anführen. Bei der schlechten Benotung von Lehrern kann es auch passieren dass Schüler, die die Bewertung des Lehrers im Internet gesehen haben, den Lehrer als schlecht ansehen und sich ihm gegenüber auch so verhalten. Somit hat der Lehrer schon einen negativen Ruf bei den Schülern einer Klasse, wenn diese ihn noch gar nicht in einer Unterrichtssituation erlebt haben. Durch den daraus resultierenden schlechten Eindruck der Klasse vom Lehrer können weitere negative Bewertungen des Lehrers erfolgen. Damit kann der Lehrer seinen Ruf schlecht wieder loswerden. Dadurch könnten diese ihre Würde verletzt sehen.
Ein Argument für die Bewertung von Lehrern ist, dass diese den Schülern ja auch Zensuren geben. Warum sollten also nicht auch Schüler Lehrern Zensuren geben können? Im Prinzip ist dieser Ansatz richtig, doch sollte man hierbei berücksichtigen, dass der Schüler weiß, welcher Lehrer ihn zensiert hat. Durch Rücksprache des Schülers zu einem Lehrer, der ihn schlecht zensiert hat, kann der Schüler Ratschläge für seine weitere schulische Laufbahn erhalten. Durch die anonyme Zensierung von Lehrern kann der Lehrer aus den Ziffern 1-6 keine Verbesserungsvorschläge für seinen weiteren Unterricht erhalten. Ein Benotungssystem wäre hier sinnvoller, wenn es offen angeben würde, welcher Schüler welche Zensur erteilt hat. In einem solchen System würden aber nur wenige Schüler mitmachen, weil sie Angst haben, dass der Lehrer aufgrund einer schlechten Zensierung die Zensur des Schülers ins Negative verändert. Bei anonymer Zensierung kann man hingegen weder das Argument der Gerechtigkeit noch das Argument der Möglichkeit der Verbesserung des Unterrichtes durch die Zensierung vorgebracht werden.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die öffentlich Zensierung der Lehrer (Noten 1-6) bei Nennung des vollständigen Namens des Lehrers keine konstruktive Kritik darstellt und datenschutzrechtlich fragwürdig ist. Eine im offenen Gespräch mit dem Lehrer geübte konstruktive Kritik hingegen kann beiden Seiten – Schülern wie Lehrern – dabei helfen, dass der Unterricht für beide Seiten so angenehm wie möglich gestaltet werden kann.